Im Rahmen einer gut besuchten Podiumsdiskussion zum Thema „Teilzeitausbildung – Alles andere als eine halbe Sache“ stellten die Referentinnen Angelika Grönheim (IHK Oldenburg), Claudia Heidenreich (Jobcenter Wilhelmshaven) sowie Christel Histermann (Leiterin der Schule für Kinderkrankenpflege- und Krankenpflege des Klinikums Wilhelmshaven) die aktuellen Rahmenbedingungen der Ausbildung in Teilzeit vor.
So hätte sich durch eine Reform des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) eine wesentliche Grundvoraussetzung der Absolvierung einer Ausbildung in Teilzeit geändert: War es bis zu diesem Zeitpunkt nötig, ein berechtigtes Interesse (Betreuung eines Familienangehörigen oder eigene gesundheitliche Einschränkungen) nachzuweisen, fällt diese Bedingung durch eine Ergänzung des §7a BBiG seit dem 01.01.2020 weg, berichtete Angelika Grönheim (IHK Oldenburg). So sei die Teilzeitausbildung als eine Form der Berufsausbildung zwar noch immer individualrechtlich zwischen Arbeitnehmer/-in und potentiellen Auszubildende/-r bei der zuständigen Kammer zu beantragen, die Neuregelung erspare jedoch den Beteiligten eine entsprechende Prüfung der privaten Rahmenbedingungen. War es vorher rein rechtlich nötig, die Berufsschule in Vollzeit zu absolvieren, hätten die Auszubildenen nun auch den Rechtsanspruch auf eine Teilzeitbeschulung. Dies sei jedoch aufgrund von Umsetzungsproblemen in den Berufsschulen noch immer schwierig, da für eine Berufsschulklasse rechtlich mindestens 12 Schüler/-innen in dieser Form beschult werden müssten.
Claudia Heidenreich (Jobcenter Wilhelmshaven) verdeutlichte, dass das Recht auf Teilzeit auch für den Fall einer Umschulungen bestünde. Auch hier sei eine Verkürzung bis zu 1/3 der regulären Umschulungszeit möglich. Vielen Antragssteller/-innen sei zudem nicht bekannt, dass für die Förderung auch die Pflege- und Erziehungszeiten angerechnet würden.
Von reichlich gemachten Erfahrungen konnte die Referentin Christel Histermann (Klinikum Wilhelmshaven) aus der Umsetzung der Teilzeitausbildung am Klinikum Wilhelmshaven berichten. So sei diese Form der Ausbildung vom Klinikum bereits seit dem Jahr 2015 bewusst eingeführt worden, um dem Fachkräftemangel in der Pflege entgegen zu wirken. Ziel wäre dabei gewesen, die Ausbildung an die Zielgruppe, explizit von Müttern mit zu betreuenden Kindern, anzupassen.
Aktuell würde das bedeuten, dass sich die Arbeitszeiten flexibel an die möglichen Betreuungszeiten der Kinder der Auszubildenden in den Kindergarteneinrichtungen und im privaten Bereich anpassen müssten. Dies sei durch einen späteren Arbeitsbeginn sowie der nur auf Wunsch von Seiten der Auszubildenen stattfindende Arbeitseinsatz im Bereich der Wochenend- Schicht- und Feiertagsdienste gewährleistet. Zudem würde der Berufsschulunterricht in Form eines Blockunterrichts absolviert, so Histermann.
Die Zielgruppe für die Teilzeitausbildung hätte sich in den letzten Jahren deutlich erweitert. Aufgrund der möglichen Verlängerung der Ausbildungszeit auf bis zu vier Jahre, sei diese Form der Ausbildung auch für Menschen attraktiv, die aufgrund sprachlicher Barrieren mehr Lernzeit benötigten.
„Eine große Anzahl von potenziellen Auszubildenden steht einer immer größer werdenden Anzahl von unbesetzten Ausbildungsplätzen gegenüber. Die Reform des Bundesausbildungsgesetzes zeigt, dass im Bereich der Teilzeitausbildung eine Bewegung stattfindet. Diese wird auch dringend nötig sein, um auf den sich ändernden Ausbildungsmarkt von Seiten der Unternehmen reagieren zu können“, so die ASF- Vorsitzende Janina- Simone Henschel. Gerade für die Region Wilhelmshaven sei es wichtig, das Modell der Teilzeitausbildung weiter bei potenziellen Arbeitgebern und Auszubildenden weiter bekannt zu machen, sind sich die Frauen der ASF- Wilhelmshaven einig.